Premiere und Podiumsdiskussion

Für die Kinopremiere ihres ersten langen Dokumentarfilms zog es die erst 28-jährige Regisseurin Lilith Kugler zurück an den Ort, an dem sie ihr mediales Handwerk gelernt hat. “La Maladie du Démon – Die Krankheit der Dämonen” hatte sie als Studentin an der Stuttgarter Hochschule der Medien begonnen. Nun präsentierte sie vor rund 150 Leuten ihr Erstlingswerk im Kino Metropol am Vorabend des Welttags der Seelischen Gesundheit, bei dem sie als Produzentin, Regisseurin, Kamerafrau, Cutterin und Verleiherin fungiert.

Die Kamera begleitet den Pfarrer Tankpari Guitanga, der im kargen Nordosten Burkina Fasos unermüdlich unterwegs ist, um Hilfe für psychisch Erkrankte zu organisieren. Diese gelten in der Gesellschaft als von Dämonen Besessene. Er beherbergt sie in seinem Hof, redet mit ihnen, ermahnt sie, betet, lacht mit ihnen, zeigt seine Betroffenheit, wenn er einmal mehr Menschen an Bäume angekettet vorfindet. Seine behutsame Kontaktaufnahme mit den Verstoßenen und Geächteten, seine vielen kleinen Gesten im zwanglosen Umgang mit ihnen zeigen sein tief empfundenes Mitgefühl und sein persönliches Engagement. Kugler gelingt es, diese subtilen Momente einzufangen und unaufdringlich in Szene zu setzen.

In ganz Burkina Faso gibt es 14 Psychiater und um die 100 psychiatrisch ausgebildete Fachpfleger. Diese praktizieren alle in den großen Städten, eine ländliche Versorgung ist nicht vorhanden. So reist der psychiatrische Krankenpfleger Timothée Tindano einmal im Monat für ein Wochenende aus 360 km Entfernung an, um 140 Hilfesuchende in Piéla zu behandeln. Pfarrer Guitanga und der von ihm gegründete Verein Yenfaabima bauen dazu einen Unterstand auf, legen Strom zum Behandlungsraum, in dem außer Tindano und seinem Schreibtisch gerade noch ein Stuhl für die zu behandelnde Person mit Begleitung und ein Ventilator Platz finden. aus einem kleinen Koffer packt er Medikamente aus, die er im Vorfeld besorgt hat, da diese vor Ort nicht verfügbar sind. Die Sprechstunde zieht sich bis spät in die Nacht und wird auch bei Stromausfall nicht unterbrochen, ein paar Handys als Taschenlampe müssen ausreichen.

Ob massenhaft angekettet oder einsam in einer Hütte mit dem Fuß in einem mächtigen Baumstamm fixiert, unerbittlich zeigt der Film die trostlosen Umstände, in denen psychisch Erkrankte gefangen sind. Aus Unkenntnis und Hilflosigkeit werden sie von der Gesellschaft faktisch zu lebenslanger Haft unter folterähnlichen Bedingungen verurteilt. Kugler findet aber auch starke Bilder für die besseren Aussichten, die durch eine medizinische Diagnose und Behandlung möglich werden. Nachdem sie versucht hatte, ihr eigenes Kind zu ertränken und nach 27 Jahren in Ketten nimmt eine psychisch erkrankte Frau nach erfolgreicher medizinischer Behandlung bei der Rückkehr in die Familie lächelnd ein Kind in den Arm.

Das anschließende Podium wurde eröffnet mit einem Kurzvortrag von Prof. Dr. Med. Heinz Weiß, dem Leiter der psychosomatischen Abteilung am Robert-Bosch-Krankenhaus. Er würdigte das ganzheitliche und kompetente Engagement der Hauptprotagonisten und warnte vor einer Dämonisierung des Fremdartigen, die auch in unserer Gesellschaft allzu oft statt finde. In Anwesenheit von Pfarrer Guitanga wurde das Thema psychische Gesundheit im globalen Süden weiter konkretisiert.

In ihrem Schlusswort betonte die Regisseurin Lilith Kugler, dass “La Maladie du Démon” für sie inzwischen mehr als ein Film sei. Dazu gehört, dass der Film in Westafrika bereits ein größeres Publikum hat als in Deutschland. Dort wird er seit geraumer Zeit vom Verein Yenfaabima und weiteren psychiatrischen Einrichtungen sehr erfolgreich als Aufklärungsmedium eingesetzt.

Aktuell ist der Film auf bundesweiter Tour. In Stuttgart gibt es am Sonntag, 13. Oktober um 18 Uhr, Kino EM, eine erneute Gelegenheit, den Film in Anwesenheit von Pfarrer Guitanga sowie der Regisseurin zu sehen.

Autor: Rudolf Schmid

Comments are closed.